Deutsches Kinderhilfswerk mahnt zum Jahresbeginn grundlegende sozial- und bildungspolitische Reformen an.
Das Deutsche Kinderhilfswerk mahnt zum Jahresbeginn nachdrücklich sozial- und bildungspolitische Reformen für die Verbesserung der Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen in Deutschland an. „Die Corona-Pandemie hat eine Vielzahl kinderpolitischer Anliegen und Versäumnisse wie unter einem Brennglas deutlich gemacht, beispielsweise bei der Digitalisierung schulischen Lernens, bei der personellen und qualitativen Entwicklung frühkindlicher Bildung, bei der strukturellen Beteiligung von Kindern und Jugendlichen oder bei der nachhaltigen Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland. Neben zahlreichen reaktiven Maßnahmen sind grundlegende Reformen aber nicht zu erkennen. Gleichzeitig setzte sich im letzten Jahr der Trend fort, die allermeisten Entscheidungen ausschließlich aus Erwachsenenperspektive zu denken. Deshalb müssen wir in der Gesamtschau der deutschen Gesellschaft eine anhaltende Ausblendung und Verdrängung von Kinderinteressen attestieren. Ein einfaches ‚Weiter so‘ darf es im Interesse der Kinder und Jugendlichen nicht geben“, betont Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes.
Über die Krise andauernde negative Folgen
„Die mit der Corona-Pandemie verbundenen Einschränkungen werden uns noch viele Monate beschäftigen. Gleichzeitig sind sehr viele Kinder die Verliererinnen und Verlierer der Pandemie, das betrifft insbesondere arme Kinder. Ihre Eltern können die finanziellen und organisatorischen Belastungen der Pandemie gar nicht oder nur sehr schlecht ausgleichen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem niedrigen Bildungsabschluss und geringem Lohnniveau können wesentlich seltener ins Homeoffice wechseln und so versuchen, ihre Kinder beim Distanzlernen zu unterstützen. Wenn dazu noch die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe geschlossen sind, das Schul- und Kitaessen wegfällt und gleichzeitig die Tafeln nur eingeschränkt arbeiten können, bleiben viele Kinder sprichwörtlich auf der Strecke. Die Corona-Pandemie wird für sie langfristige, weit über die Krise hinaus andauernde negative Folgen haben“, so Krüger weiter.
„Das gilt auch für die Kinder von Eltern in systemrelevanten Berufen, die beispielsweise im Krankenhaus, im Supermarkt, im Altenheim, bei der Müllabfuhr, bei der Polizei oder im Wasserwerk arbeiten. Besonders stark betroffen sind auch Kinder mit chronischen Erkrankungen, die schon seit vielen Monaten vom Schulbesuch ausgeschlossen sind, Kinder mit Behinderungen und geflüchtete Kinder. Aber auch Kinder, denen es von außen betrachtet vermeintlich gut geht, sind vielfach durch die Einschränkungen der Corona-Pandemie stark belastet“, so Krüger.
Kinderrechte auf Bildung, soziale Sicherheit und Beteiligung im Fokus
Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes gehören deshalb insbesondere die Kinderrechte auf Bildung, soziale Sicherheit und Beteiligung in den Fokus der Überlegungen. Das gilt sowohl für Entscheidungen in der Corona-Pandemie als auch im Hinblick auf langfristige Weichenstellungen. „Wir werden uns die Wahlprogramme der Parteien im Superwahljahr 2021 auch diesbezüglich genau anschauen und sowohl die nächste Bundesregierung als auch die Landesregierungen am Maßstab der Kinderfreundlichkeit messen. Politik und Gesellschaft sollten sich mehr als bisher für die Belange und Bedürfnisse von Kindern einsetzen und so die Basis für eine gesellschaftliche Entwicklung Deutschlands schaffen, die dem demografischen Wandel Rechnung trägt und die Rechte von Kindern konsequent in den Blick nimmt. Gerade deshalb drängt das Deutsche Kinderhilfswerk mit Vehemenz auf die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz, damit beispielsweise Behörden und Gerichte den Interessen von Kindern in Zukunft hinreichend Gewicht verleihen“, so Thomas Krüger.