Mit dem Beschluss 25 F 24/21 hat das Amtsgericht Remscheid eine einstweilige Verfügung aus dem Jahr 2019 bestätigt, in der einer Mutter aus Gambia untersagt wird, ihre dreijährige Tochter außerhalb des Schengenraums, vor allem aber nach Gambia zu bringen. Grund für diese rechtliche Maßnahme ist die Gefahr für das Kind, bei einer solchen Reise einer Genitalverstümmelung unterworfen zu werden. Die Frau hatte zuvor angekündigt, mit dem Mädchen in ihr Heimatland reisen zu wollen.
Das Gericht wertet die Genitalverstümmelung zutreffend als eine „extreme körperliche und seelische Schädigung“, sodass selbst eine relativ geringe Wahrscheinlichkeit der Tatausübung ausreicht, um die Schutzmaßnahme zu rechtfertigen. Ohne der Kindsmutter – in deren Familie die Genitalverstümmelungen an Mädchen üblich sind – eine explizite Tatabsicht zu unterstellen, gelangt das Gericht zu der Auffassung, dass ein gewisses Risiko zu bejahen ist, für dessen Abwendung die festgelegte Einschränkung des Aufenthaltsbestimmungsrechts einen verhältnismäßigen Eingriff darstellt.
Eingeleitet hatte das Verfahren der Vater des Mädchens, der von der Kindsmutter getrennt lebt und sich berechtigt um die Unversehrtheit seiner Tochter sorgt, sollte sie in das tatbelastete Familienumfeld der Kindsmutter gebracht werden.
Taskforce für effektive Prävention von Genitalverstümmelung
Die TaskForce wurde über ihr Notrufprojekt „SOS FGM“ eingeschaltet und hat das Gericht unterstützt mit grundsätzIichen Informationen zu Genitalverstümmelungen in Gambia sowie einer konkreten Gefahreneinschätzung.
Die Gründerin der TaskForce, Ines Laufer, wertet den Beschluss einmal mehr als wichtiges Zeichen für den Kinderschutz, findet aber auch kritische Worte: „Seit dem wegweisenden Beschluss XII ZB 166/03 des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 2005 konnte von zahlreichen Mädchen die Gefahr einer Genitalverstümmelung abgewendet werden, indem Reisen in die Gefährdungsländer untersagt wurden. Dennoch bilden solche Schutzmaßnahmen die Ausnahme. Der Mehrheit der über 22.000 gefährdeten Mädchen aus Hochrisikoländern wird staatlicher Schutz allerdings bislang versagt – eine Situation, die von Politikern und Regierung schlichtweg ausgesessen wird. Dabei müsste diese wirksame Prävention lediglich als kollektive Maßnahme für alle gefährdeten Mädchen politisch umgesetzt werden.“
Mit dem Projekt „Notruf Genitalverstümmelung – SOS FGM“ begegnet die TaskForce der stetig wachsenden Nachfrage nach Hilfe und Beratung immer dann, wenn Mädchen in konkreten Fällen vor einer Genitalverstümmelung geschützt werden müssen. „Dennoch hoffen wir, eines Tages überflüssig zu sein, weil der Staat seiner Schutzpflicht gegenüber diesen spezifisch gefährdeten Kindern endlich gerecht wird.“ so Ines Laufer über die Zukunftsvision der Organisation.