Mit 14 Jahren wollte Sofia Rodriguez unbedingt in den Jugendrat gewählt werden. Zunächst fehlte eine Unterschrift und dann war die Post zu lange unterwegs. Das hielt die zielstrebige Jungpolitikerin jedoch nicht davon ab, sich dennoch für das Jugendgremium zu engagieren.
Die sechzehnjährige Sofia Rodriguez gehört beim 9. Jugendrat Remscheid zu den engagiertesten Mitgliedern. Sie wollte sich vor zwei Jahren gerne ganz regulär zur Wahl aufstellen lassen, vergaß aber die Elternunterschrift. Die Bewerbung kam zurück, die Eltern unterschrieben, doch die Post brauchte über eine Woche – die Bewerbungsfrist war überschritten. „Ich wollte da unbedingt hin, weil ich immer schon etwas verändern wollte“, sagt Sofia im Interview rückblickend. Ihr besonderes Potenzial wurde erkannt und sie auch weiterhin zu allen Veranstaltungen eingeladen, und das war auch der Grund, warum sie weitermachte, sonst hätte ihr damals vielleicht die Motivation gefehlt, dabei zu bleiben, wie sie gesteht.
Bewerbung für den 10. Jugendrat
Jetzt hat sich Sofia erneut beworben, um offizielles gewähltes Mitglied des 10. Remscheider Jugendrates zu werden. Die Bewerbungsfrist läuft noch bis zum 31. Januar. Bei ihr an der Sophie-Scholl Gesamtschule bewerben sich auch noch weitere Schüler*innen. Denen kann sie dann erzählen, dass es gar nicht so ist, wie sie es sich vor zwei Jahren vorgestellt hat: „Ich dachte das sei alles ein bisschen spießiger und nicht, dass das so cool eigentlich ist!“ Nach außen würden ja eher die formellen und offiziellen Sachen dringen, aber dieses lockere Zusammensein und Spaßhaben, diese Kameradschaft, das hat sie sehr positiv überrascht.
Verändert hat Sie während der Zeit beim Jugendrat aber nicht nur Dinge und Ansätze in Remscheid, sondern auch bei sich selbst. Durch das Planen, Machen und Organisieren hat sie sich selbst nämlich auch weiterentwickelt. War sie am Anfang eher schüchtern, ist es für sie heute ganz normal auch vor großem Publikum zu reden oder Interviews zu geben, zum Beispiel auch im Fernsehen.
Den Vorstand des Jugendrates hat sie immer als Rückhalt und Bereicherung erlebt. Konnte jemand nicht so, wie vielleicht eingeplant, rückten die anderen näher zusammen und füllten die Lücke. „Ich finde, die letzten zwei Jahre haben sehr gut geklappt mit dem Vorstand, ich kann mir aber vorstellen, mich auch für den Vorstand zu bewerben“, verkündet die Naturschützerin mit einem Lächeln.
Öffentlichkeitsarbeit und Vielfalt
Gerne würde sie die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit weiter ausbauen, da braucht es ihrer Meinung nach noch viel, viel mehr, „und wenn ich die Chance hab, da noch weiter was zu machen, dann will ich das auf jeden Fall auch nutzen!“ Doch auch die Themen Öffentlichkeitsarbeit und Solidarität und Vielfalt gehören zu ihren Lieblingsthemen. Der Bereich Öffentlichkeitsarbeit richtet sich vor allem direkt an die Remscheider Jugend. Das klappt besonders gut und interaktiv über die Instagram-Seite vom Jugendrat. Die Kommunikation dort ist keine Einbahnstraße. Besonders gut kamen dort übrigens die Instaviews an, bei denen Jugendrät*innen die Kandidat*innen der demokratischen Parteien interviewten. Es sind aber auch lustige Momente zu sehen, etwa von Seminaren, wo man sich freut, umarmt und gemeinsam Spaß hat. Das Gefühl von Normalität spricht auch die Jugend schon sehr emotional an.
Beim Thema Vielfalt sieht Sofia für Remscheid noch Nachholbedarf. Zwar leben hier 120 Nationen friedlich zusammen, aber das Wissen über andere Kulturen und Religionen hinkt oftmals hinterher, „und das find ich so schade, wir sind doch alle Menschen, egal woher wir kommen und welche Religion wir haben“, mahnt Sofia eindrücklich.
Zitronen zu Limonade
Die gesamte Amtszeit des Jugendrates stand unter dem Fluch „Corona“. Sofias Wunsch war ursprünglich, möglichst viel zu erleben und sich miteinander zu treffen. Zunächst blieb ihr der Wunsch weitgehend verwehrt, es änderte sich im Verlauf der Pandemie aber noch. „Eigentlich nehm ich mit, dass Zusammenhalt zwischen einer Gruppe auch in so einer Zeit gar nicht so schwierig war“, blickt sie zurück und erinnert sich schmunzelnd an das allererste Seminar zurück, das in Präsenz stattfand: „Da haben wir uns alle erst mal kennengelernt, das war so komisch, am Ende aber noch so lustig.“ Seit dem richtigen Kennenlernen fiel es dann auch leichter sich etwa online nach den Zoom-Sitzungen noch zu verbreden. Eine ganze Weile lang traf man sich dann online zum Among Us-Spielen, das sei sehr lustig gewesen und habe richtig viel Spaß gemacht.
„Es wird sehr oft nur das Negative dargestellt, aber es gab auch sehr viele Chancen. Wir konnten uns auch viel öfter nur für ein, zwei Stunden treffen, online per Zoom, weil niemand irgendwo hinfahren musste, und auch wenn man krank war, konnte man trotzdem noch so ein bisschen daran teilnehmen, das hat viele Chancen ermöglicht. Wir haben es auf jeden Fall gut gemeistert“, erinnert Sofia begeistert, und man muss ihr da zustimmen.
Warum sollte man sich für den Jugendrat bewerben?
Wenn man Menschen erzählt, dass man im Jugendrat aktiv ist und welche Projekte man dort so begleitet oder angestoßen hat, freuen sich diese Menschen, weil sie sich über eine engagierte und aktive Jugend freuen. Schlauheit würden viele Menschen mitbringen, aber im Jugendrat lerne man vor allem auch Sozialkompetenz, also wie man im Team und gegenüber anderen Menschen und Gruppierungen seine Ideen vorstellt und diese vorantreiben kann. „Man lernt auch total selbstbewusst zu sein, und deswegen würde ich sagen: Wenn Du schüchtern bist, dann komm mit in den Jugendrat, wir beißen alle nicht und sind total lieb und helfen einander“, richtet sich Sofia direkt an interessierte Jugendliche, „deswegen bewirb dich, versuch es, nutz diese Chance, denn irgendwann hast du sie nicht mehr!“
Der Jugendrat ist ein offizielles politisches Gremium in Remscheid, das heißt man müsse natürlich gewisse Regeln und Normen einhalten, das habe man mit der Zeit schon manchmal gemerkt, aber es sei eben ein Jugendgremium, und das Lernen stünde dabei ganz klar auch im Vordergrund. „Erwachsene machen auch nicht immer alles richtig, und das müssen wir auch nicht.“ Unterstützung erhalten die Jugendrät*innen auch jederzeit von Marie Münstermann, der Geschäftsführerin des Jugendrates, die alle Mitglieder begleitet, „deswegen hab ich mir da auch nie Sorgen drüber gemacht“, lacht Sofia, „immer wenn wir wollen, können wir sagen: Marie, komm bitte mit, hilf uns“, und diese aktive und positive Unterstützung gibt jederzeit Rückenwind.
So verwundert es nicht, dass Sofia auch zum Abschluss des Gespräches nochmal deutlich unterstreicht: „Bewirb Dich als Jugendlicher einfach! Man hat nur Chancen daraus und es macht so viel Spaß, auch wenn man das vielleicht am Anfang gar nicht denkt, nutz die Chance, verspiel’s dir nicht. Ganz einfach: Bewirb Dich!“
Die Jugendratswahlen
Bewerben können sich alle Einwohnenden Remscheids, die am 14. März 2022 mindestens 14 und höchstens 17 Jahre alt sind. Den Bewerbungsbogen kann man noch bis zum 31. Januar 2022 um 14 Uhr in der Geschäftsstelle des Jugendrates beim Fachdienst Jugend der Stadt Remscheid in der Haddenbacher Straße 38-42 in 42855 Remscheid abgeben.
Die Wahlen finden in der Woche vom 14. März bis zum 18. März 2022 an allen weiterführenden und berufsbildenden Schulen in Remscheid statt.