Anfrage für die Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Wohnen und Pflege am 1. März 2023
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
der Ausschuss hat sich im vergangenen Halbjahr bereits ausführlich mit der ärztlichen Versorgungssituation in Remscheid auseinandergesetzt und sich hierzu mit der Kreisstelle der Kassenärztlichen Vereinigung ausgetauscht.
Das Durchschnittsalter der Hausärztinnen und Hausärzte in Remscheid liegt bei über 57 Jahren. Fast ein Viertel dieser Ärzteschaft gehört der Altersgruppe der über 65-jährigen an. Remscheid liegt damit über dem altersmäßigen Durchschnitt im Gebiet der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO). Auch wenn aus Sicht der KVNO gegenwärtig die haus- und fachärztliche Versorgung in Remscheid sichergestellt ist, so ist weiterhin absehbar, dass in Remscheid insbesondere Hausärztinnen und Hausärzte fehlen werden.
Bereits im Versorgungsreport 2013 der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein wurde darauf hingewiesen, dass voraussichtlich 22 Sitze von Hausärztinnen und Hausärzten im Jahr 2030 in Remscheid zu besetzen sein werden. Der Anteil der Hausärztinnen und Hausärzte im Alter von über 60 Jahren war in keinem Kreis oder kreisfreien Stadt im Gebiet Nordrhein so hoch wie in Remscheid. Dabei wirkt sich in diesem Berufsfeld der demographische Wandel gleich doppelt aus: Das Durchschnittsalter in der Bevölkerung wird älter, so dass der Anteil der Erwerbstätigen sinkt. Gleichzeitig steigt aufgrund der alternden Bevölkerung jedoch der Bedarf an medizinischer und pflegerischer Versorgung.
Das gemeinsame politische Ziel muss es aus unserer Sicht sein, eine flächendeckende, wohnortnahe und bedarfsgerechte Versorgung in diesem Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge zu garantieren. Auch aus Gründen der Standortpolitik sollte die Niederlassung von Ärzten gefördert werden, denn sie verbessert die Infrastruktur und schafft Arbeitsplätze.
Für die Erfüllung des sogenannten Sicherstellungsauftrags, also die Gewährleistung des Rechts der gesetzlich Versicherten auf eine angemessene ärztliche Versorgung, sind die Kassenärztlichen Vereinigungen zuständig. In diesem Zusammenhang laufen bereits Maßnahmen gegen den Ärztemangel. So ist die Stadt Remscheid ein Fördergebiet der KVNO, in dem Investitionskostenzuschüsse in Anspruch genommen werden können; bereits drei Kassensitze in Remscheid haben von dieser Chance Gebrauch gemacht.
Darüber hinaus stellt sich gleichwohl die Frage, ob die Stadt Remscheid die Niederlassung von Hausärztinnen und Hausärzten in Remscheid mit konkreten Maßnahmen unterstützen und fördern kann. Im Mittelpunkt von kommunalen Maßnahmen gegen den drohenden Hausärztemangel dürfte die Frage stehen, wie Remscheid als Standort für eine ärztliche Niederlassung attraktiv gestaltet werden kann. Kinderbetreuung, Bildungs- und Kulturangebote sowie weitere Faktoren, die Lebensqualität schaffen und zu einer guten Infrastruktur gehören, spielen dabei sicherlich eine entscheidende Rolle.
Die Stadt Remscheid führte in Zusammenarbeit mit dem Sana-Klinikum, der Stiftung Tannenhof, der Fabricius-Klinik, dem Arztnetz Bergisch Land und dem Betriebsarztzentrum Remscheid und Umgebung die Kampagne „Komm Doc nach Remscheid“ durch. Mit dieser Kampagne sollte der medizinische Nachwuchs angesprochen und für einen Sitz oder eine Anstellung in Remscheid geworben werden. Dabei wurde über die Möglichkeiten zur Niederlassung und zur Anstellung informiert und für Remscheid als Standort zum Wohnen, Arbeiten und Leben geworben.
Aus unserer Sicht stellt sich die Frage, wie ein Nachfolgeprojekt – ggf. in Zusammenarbeit mit weiteren Akteuren – umgesetzt werden kann. Dabei sollte nicht nur das ärztliche Personal, sondern es sollten auch die medizinischen und pflegerischen Fachangestellten insgesamt eine Rolle spielen. Wir möchten, dass die Stadt Remscheid auch künftig einen Betrag dazu leisten kann, Remscheid als attraktiven Wohnort und Arbeitsplatz für medizinisches und pflegerisches Fachpersonal zu positionieren, um dem Fachkräftemangel in diesen Berufen entgegenzutreten. Dazu gehört es auch, Kinder und Jugendliche in Remscheid frühzeitig für diese Berufsfelder zu interessieren.
Für die Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Wohnen und Pflege am 1. März 2023 bitten wir um Beantwortung der folgenden Fragen:
- Gibt es rückblickend Ansätze aus der Kampagne „Komm Doc nach Remscheid“, die für die künftige Gewinnung von ärztlichem Nachwuchs genutzt werden können?
- Besteht eine zentrale Anlaufstelle oder bestehen Netzwerke, die Ärztinnen und Ärzte bei Gründung und Betrieb einer eigenen Praxis unterstützen können, beispielsweise durch Fachinformationen, Veranstaltungen, Förderberatungen, Vermittlungen von Kontakten zu Aus- und Weiterbildungsangeboten?
- Ist es möglich, in den Schulen gemeinsame Aktionen mit der Kassenärztlichen Vereinigung zu organisieren, um über Berufschancen in den Bereichen Medizin und Pflege zu informieren und für sie zu interessieren?
- Können das RöLab als Lernort für Medizinphysik und/oder andere außerschulische Lernorte dafür genutzt werden, um das Interesse an Tätigkeiten im Bereich Medizin und Pflege zu wecken und zu vertiefen?
gez. Sven Wolf, Fraktionsvorsitzender
gez. Burhan Türken, Sprecher im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Wohnen und Pflege
gez. David Schichel, Fraktionsvorsitzender
gez. Frank vom Scheidt, Sprecher im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Wohnen und Pflege
gez. Sven Chudzinski, Fraktionsvoristzender
gez. Dr. Axel Kolodziej, Sprecher im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Wohnen und Pflege