Das bergische Wetter hat einen zweifelhaften Ruf. Und womit? Mit Recht. Da planen eine Handvoll Musiker des Lüttringhauser Posaunenchores eine kleine, aber feine kulturelle Aktion, und was passiert? Es regnet den ganzen Tag. Zusätzlich weht ein unangenehmer Wind. Es ist, Entschuldigung, von Herzen eklig.
So geschehen am Samstag, den 22. Mai. Am späten Nachmittag versammelten sich acht Musikerinnen und Musiker des Lüttringhauser Posaunenchores, um von vier unterschiedlichen, markanten Punkten im Stadtteil aus kleine musikalische Botschaften ins Dorf zu senden und damit einen bescheidenen, aber merkbaren Beitrag für die Erhaltung der hiesigen Kulturlandschaft zu leisten. „Zu Muttertag haben wir auch schon im Freien gespielt“, weiß der Dirigent des Posaunenchores Philipp Jeßberger. „Aber heute ist es auch etwas Besonderes. Auf den Tag vor 123 Jahren wurde der Lüttringhauser Posaunenchor gegründet. Das war natürlich auch ein wichtiger Punkt für die Überlegung, wann wir eine solche Aktion angehen sollten. Zusätzlich mussten wir bedenken, was unter Coronabedingungen möglich ist und was nicht.“
Versicherungstechnische Gründe: Nur drei statt vier Türme
Letztendlich fand man sich in Zweiergruppen zusammen, um von den vier Standorten jeweils fünf kurze musikalische Statements in die Stadt zu senden. Auf dem evangelischen Friedhof spielten Ulrike Donner und Philipp Jeßberger Trompete und Flügelhorn. Eigentlich hatte der Posaunenchor geplant, auf dem Turm des unweit gelegenen Unternehmens Pipersberg zu spielen, aber dies war aus versicherungstechnischen Gründen nicht möglich. Der Umzug auf das Friedhofsgelände war so nötig geworden. Sebastian und sein Bruder Marc Brüninghaus ließen ihre Trompeten von der Kirche Heilig Kreuz erklingen, während Jürgen Kammin und Stefan Roßenbach das Dorf vom Turm der evangelischen Kirche beschallte. Die letzten im musikalischen Kreislauf waren Wolfram von Borzeszkowski und Barbara Hallbach, die mit Trompete und Horn auf den Turm des Lüttringhauser Rathauses geklettert waren und dort ihre Beiträge, die sich, wie alle 20 kleinen musikalischen Vorträge aus der leichteren christlichen Literatur ergaben („Geh aus, mein Herz, und suche Freud“) zu spielen.
Nun gesteht der Berichtertstatter nicht eben gerne, dass er unter extremer Höhenangst leidet. Will sagen: Fotos aus der Spitze der drei im Dorf befindlichen Türme waren leider nicht möglich. Also zum Friedhof. Was sich als eine glückliche Fügung herausstellte, denn von dort aus konnte man die Beiträge der Kolleginnen und Kollegen am Besten und Klarsten hören. Die Musik aus der evangelischen Kirche zog deutlich hörbar über den Friedhof, die von der katholischen Kirche ein wenig verschattet und verweht, und nur vom Rathausturm, dem höchsten Punkt innerhalb dieser kleinen musikalischen Reise und gerade deshalb am Meisten vom heftigen Wind betroffen, konnte man Musik zumeist nur erahnen. Mehr als zwei zusammenhängende Töne konnte man nicht ausmachen. Schade. Petrus schuldet Lüttringhausen etwas.
Trotz des Bergischen Sch…wetters ließ es sich Ursula von Borzeszkowski, Mutter des im Rathausturm spielenden Wolfram, nicht nehmen, bei Ulrike Donner und Philipp Jeßberger auf dem Friedhof vorbeizuschauen und ein paar Minuten der Musik zu lauschen. „Was für eine schöne Aktion“, sagte sie. „Sehr schade, dass das Wetter nicht mitspielt.“
Aber tröstet euch, Musikliebhaber aller Couleur. Es werden wieder Zeiten kommen, in denen wir ohne Abstand und ohne Angst die kulturellen Angebote der Stadt wahrnehmen können und dürfen. Bis es soweit ist, kann eine solche Veranstaltung des Lüttringhauser Posaunenchores die Wartezeit sehr schön überbrücken. Und wenn man dies bedenkt, dann pfeift man auch auf ein wenig Regen.